John Ment über den Wandel der Morningshows im Radio.
Kein zwanghaftes Witze-Feuerwerk: "Es ist wahnsinnig erleichternd, wenn man nicht nach jeden Song zwei oder drei Gags machen muss", sagt John Ment im turi2 Jobs-Podcast. Seit 1989 moderiert er die Morningshow bei Radio Hamburg und ist damit der dienstälteste Moderator im deutschen Privatradio. "Niemand kommt jeden Tag mit der gleichen Laune rein, außer er spielt es. Und wir glauben, dass der Hörer das einfach merkt, wenn wir ihm irgendwas vorspielen", sagt er im Gespräch mit turi2-Redakteur Björn Czieslik. Die Marktforschung habe gezeigt, dass es Hörerinnen gar nicht wichtig ist, dass das Morningshow-Team immer lustig ist, sondern lieber sympathisch und erwachsen – und keinesfalls albern. Für Ment war klar: "Wir müssen die Witze runterschrauben."
Die Corona-Pandemie habe den Wandel zu mehr Relevanz und Wortinhalten im Programm noch verstärkt. John Ment erinnert sich an Sendungen, in denen Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher, der Schulsenator oder die Gesundheitssenatorin eine Stunde lang, komplett ohne Musik, Rede und und Antwort standen. "Die Leute haben uns vertraut", freut sich Ment mit Blick auf die Image-Werte in der Media-Analyse.
Die wachsende Zahl an Morgen-Podcasts sieht John Ment nicht als Konkurrenz zu seiner Show, sondern als Ergänzung. Apokalypse und Filterkaffee etwa höre er oft nach der Sendung, auf dem Weg nach Hause. "Micky Beisenherz ist ein großartige Mensch und er macht das wirklich sehr lustig, aber es ist nicht regional." Gerade in der Regionalität sieht Ment die große Stärke von Radio, ein Gefühl zu schaffen, "zu Hause zu sein" – oder mit Programm-Aktionen zum Stadtgespräch zu werden. Aktuell sucht Radio Hamburg mit einer Casting-Aktion ein neues Team-Mitglied für die Morningshow. Es geht um einen richtigen Job.
Generell sei der Weg ins Radio heute leichter als früher, glaubt John Ment, "weil die Nachfrage nicht mehr ganz so groß ist". Durch YouTube, Podcasts, Tikok oder Instagram brauchen Menschen kein klassisches Medium mehr, um medial stattzufinden – fürs Radio nicht unbedingt ein Nachteil: "Die Leute gewinnen an Erfahrung, verlieren die Angst vor der Öffentlichkeit, vor einer Kamera, vor dem Mikrofon", sagt Ment und hofft: "Wer so extrovertiert ist, wird vielleicht doch aufs Radio aufmerksam."
Dem Radio-Nachwuchs rät er: "Heute zählt Personality mehr als das, was Du theoretisch kannst." Wissenslücken ließen sich leichter beheben, als fehlende Persönlichkeit bei Superschlauen. Wichtig seien auch große Empathie und die Fähigkeit, zuzuhören: "Die schwerste Disziplin im Radio ist das Miteinanderreden."
Von sich selbst sagt Ment: "Ich bin eine Rampensau!" Schon in der Schule habe er es geliebt, in Theatergruppen vor Leuten zu "performen". Mit Leidenschaft inszeniert er seine Sendung mit Musik und Geräuschen, so dass "jede Moderation wie eine Perle klingt". Seit 2002 ist er auch stellvertretender Programmchef, soll sich künftig stärker um die Volos von Radio Hamburg kümmern, außerdem berät und coacht er Sender in Österreich und der Schweiz.
Über die Jahre gab es immer mal wieder auch Versuche anderer Sender, ihn als Programmchef abzuwerben, nie als Moderator. Heute sagt Ment: "Wenn der Moment gekommen ist, und der muss irgendwann kommen, dann würde ich auch sagen: 'Ich kann auch hinter den Kulissen arbeiten, Spaß haben und andere glänzen lassen." Noch sei dieser Moment aber nicht gekommen: "Aktuell bin ich dem Sender als Moderator noch zu kostbar, als dass ich irgendwo in einem Büro verschwinde und irgendwelche Zahlen von rechts nach links schiebe."
Im Podcast erzählt John Ment außerdem von der Aufbruchsstimmung zu Beginn des Privatradios und wie er bei einem kurzen Ausflug zum NDR selbst seine Kündigung provoziert hat. Er verrät, was hilft, wenn die Stimme wegbleibt und warum er die Schweiz so liebt, wo er fast einmal Programmchef geworden wäre.